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“Die Wiederverwertung steht über allem!”

Dr. Beate Kummer Interviewbild
Wir haben mit der promovierten Umweltexpertin und Unternehmerin Dr. Beate Kummer Über die Wiederverwertung von Kunststoff, die Aufgaben für die Zukunft und die Umweltgesetzgebung, die in vielen Bereichen der öffentlichen Hand noch nicht angekommen ist, gesprochen.

Dr. Beate Kummer ist Inhaberin der Kummer umwelt:kommunikation GmbH. Die promovierte Chemikerin und Toxikologin berät in Ihrer Eigenschaft als Umweltexpertin große und mittlere Unternehmen verschiedener Branchen sowie die öffentliche Hand in Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen.

Frau Dr. Kummer, Kunststoffabfälle oder Plastikmüll sind eine große Herausforderung für die Gesellschaft. Was würden Sie sich als Expertin wünschen, wie man damit umgehen soll?

Der erste Schritt ist die Vermeidung von Kunststoffabfällen. Wir müssen uns die Frage stellen, wo der Einsatz von Kunststoff Sinn macht und wo es andere Lösungen gibt. Damit wäre schon viel erreicht. Außerdem sollten wir sehr genau überlegen, was wir mit Kunststoffabfällen machen. Wenn aus alten Kunststoffen neue Produkte werden, ist das ein guter und wichtiger Schritt. 

Es gibt mehrere Arten, Kunststoff wiederzuverwerten. Haben Sie einen Favoriten?

Ich möchte andersherum antworten. Ich halte die sogenannte thermische Verwertung, also das Verbrennen von Kunststoffen, für die schlechteste aller Lösungen für die Umwelt, noch schlechter ist nur noch das Deponieren, was leider auch noch in einigen Mitgliedstaaten stattfindet. Stoffliches Recycling ist da absolut vorzuziehen. Bei den Alternativen des chemischen und mechanischen/stofflichen Recyclings muss man sich den Energieverbrauch und die Kosten genau ansehen, wobei nach heutigem Kenntnisstand immer das mechanische Recycling vorzuziehen ist, zudem gibt es fürs chemische Recycling praktisch keine großtechnischen Anlagen. 

Die FormaTurf schlägt einen für die Branche neuen Weg beim Recycling alter Kunstrasen ein. Was erwarten Sie sich davon?

Eine Menge. Die stoffliche Rückgewinnung ist die höchste nutzbringende Ebene für die Verwertung von Kunststoffen. Das Optimum wäre, auf diesem Weg aus altem Kunstrasen neuen zu machen, aber meines Wissens gibt es da noch keine technische Lösung. Der FormaTurf-Ansatz, aus einem alten Kunststoffprodukt neue Produkte zu machen, ist richtig und innovativ.

Wiederverwertung bei Kunstrasensystemen

Was erwarten Sie vom Gesetzgeber bzw. der öffentlichen Hand in Bezug auf Recycling von Kunststoffen? Kunstrasen sind ja nur ein kleiner Teil des anfallenden Abfalls?

Was vielen vielleicht nicht bewusst ist: Der Verursacher bzw. Abfallerzeuger ist für die gesetzeskonforme Entsorgung seines Abfalls verantwortlich. Für eine Kommune bedeutet das, dass sie sich um eine entsprechende Entsorgung kümmern muss, falls sie zum Abfallerzeuger wird. Wenn da etwas nicht Legales passiert, ist sie verantwortlich. Aber der Gesetzgeber geht noch weiter. Eine Kommune ist mehr oder weniger verpflichtet, für die bestmögliche, also nachhaltigste Form der Entsorgung zu sorgen. Das wird schnell deutlich, wenn man sich das neue Vergaberecht, das Wettbewerbsrecht und das Kreislaufwirtschaftsgesetz anschaut. Hier gibt es klare Vorgaben. 

Aber bei vielen Stellen der öffentlichen Hand scheint das noch nicht angekommen zu sein. Hier zählt immer noch der Preis, das Thema Entsorgung spielt in den Ausschreibungen oft keine Rolle. Was ist da los?

Hier herrscht noch viel Unwissenheit vor. Gerade in den Kommunen braucht es da Schulungen und Fortbildungen. Die Rechtslage hat sich in den letzten Jahren massiv in Richtung mehr Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit verändert. Die Vorgaben an eine hochwertige Entsorgung eines alten Kunstrasenfeldes gehört unbedingt in den Ausschreibungstext. Und hier müssen die Vorgaben des Gesetzgebers berücksichtigt werden. Da kann auch die Industrie Aufklärung leisten. Denn wie gesagt: Oft ist die Gesetzeslage nicht bekannt. Ich kann nur jedem empfehlen, der einen Kunstrasen austauschen möchte, sich das Thema genau anzuschauen.

Sprechen wir hier nur über Deutschland oder auch über Europa?

Die sogenannte Abfallhierarchie gilt in der ganzen EU. Das bedeutet, die Vermeidung und Wiederverwertung von Abfällen steht über allen sonstigen Verfahren. In den 27 Mitgliedsstaaten gibt es aber große Unterschiede. Deutschland ist gut unterwegs, aber Schweden und Dänemark sind bei der Umsetzung noch besser. In Süd- und Osteuropa ist die Situation schwierig. Ich habe ja schon gesagt, dass ich Verbrennen für keine gute Lösung halte. Alten Kunstrasen in Anlagen mit niedrigen Standards zu exportieren, ist auch keine Lösung, wird aber immer schwieriger. Eigentlich darf dafür keine Genehmigung erteilt werden, wenn es im Inland eine bessere Lösung für die Entsorgung gibt. 

Zurück zur FormaTurf: Was kommt auf das Unternehmen als neuen Player im Recyclinggeschäft zu?

Die FormaTurf wird in Kürze Entsorgungsfachbetrieb sein und wird deshalb mindestens einmal im Jahr durch unabhängige Gutachter kontrolliert werden. Es liegt in der Verantwortung des Unternehmens, alle Vorgaben zu erfüllen. Das geht nur durch strenge interne Kontrollprozesse. Das ist anspruchsvoll, aber ich habe in Gesprächen mit den Verantwortlichen gemerkt, dass sie sich dessen durchaus bewusst sind und ein engmaschiges Kontrollsystem aufgezogen haben, dass bereits beim Ausbau des Rasens greift und beim neuen Produkt endet. 

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